Sonntag, 1. Februar 2009

Rache an Schnuffi


Liebe Mütze,

ja, ich gestehe: Ich bin verliebt in Dich! Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick. Das bin ich nicht gewohnt. Ist mir erst einmal passiert und nun ein weiteres mit Dir. Du zierst mein Haupt. Passt nahezu angegossen. Dein Flausch wärmt mich, meine Ohren und schirmt allzu laute Laute ab. Durch Dich wird die Welt eine stille Schneeflocke um mich herum. Ist nicht immer von Vorteil, gut, wenn der Gesprächspartner neben mir, manchmal ein Wort, einen Satz wiederholen muß, weil der Klang der Stimme mein Ohr durch Dein weiches Dicht nicht gänzlich erreicht. Aber wie in jeder Liebesbeziehung ist hier auch ein Abstrich zu machen. Allerdings nur ein kleiner und der ist zu verschmerzen. Die Beziehung zu Dir ist nahezu perfekt zu nennen. Schön, werden die Menschlein jetzt sagen, freu dich doch eine so runde, tolle Liebesgeschichte zu erfahren. Tu' ich auch. Ich freu mich und das jeden Tag an dem ich mit Dir durch die Welt marschiere. Es gibt nur einen, einen einzigen Wermutstropfen, der das Ganze, unsere große Liebe, ein wenig trüb. Eine Sache, die ich noch nicht in Gänze verdaut habe und mir manchmal ein schlechtes Gewissen macht: Du bist politisch völlig unkorrekt! Ich werde jetzt hier gestehen und mein Gewissen reinwaschen und das Unkorrekte zu erklären, korrigieren versuchen.

Meine liebste, allerliebste Mütze, mein Problem: Du bist echt! Zu einem drittel. Einem viertel... wenigstens einem achtel. Oh je, jetzt werden sich Millionen von treuen Lesermenschlein hier verabschieden, den Rücken werden sie diesem Blog zuwenden. Ich bin eine Tiermörderin, eine Pelzträgerin, ein Monster!!!
"Willst du jetzt mit mir Schluß machen?", fragst Du. Nein, das möchte ich nicht. Natürlich nicht. Dafür bist Du zu sehr ein Teil von mir. Mit mir, meinem Haupt verwoben. Was ich aber schon möchte ist Stellung beziehen. Eine Erklärung abgeben. Mich rechtfertigen. Entschuldigen bei den Hasen. Herrgott, einfach sagen warum Du und keine andere. Warum Du, wo Du soviel verkörperst was mir widerstrebt. Gut... wie haben wir uns kennengelernt?

Es war ein wunderbarer Abend. Glühweinschwer. Kalt. Eiskristallklar. Ich auf der Suche nach einem warmen Stück Mütze, geschaffen für mein Köpfelein. Bedingung: Gutaussehend, modisch, ein bisschen extra. Nichts gefunden. Lange nichts. Schnupfen gehabt darum. Dann der besagte Abend. Die Mutter und die Schwester in meiner Begleitung. Gemeinsam durchforsteten wir einen großen Weihnachtsbazar. Da war er: Der Stand der Mützen! Ich wähnte mich im Paradies. Hatte auch schon ein sportliches Exemplar in rot in die sehr, sehr enge Auswahl genommen. Die Mutter betonte wie toll das Exemplar sei und sagte sie wäre bereit, mir eine Mütze meiner Wahl unter den Christbaum zu legen. Ich dankte artig und ließ meinen Blick ein letztes Mal durch den Hain von Kopfbedeckungen schweifen. Dann sah ich Dich. Mein Herz setzt einen kleinen Klopfer lang aus. Schüchtern hingst Du ganz unten an einem etwas abseits stehenden Ständer. Du, mein Traum in brombeere. Das sportliche Exemplar in rot war sofort vergessen. Dich setzte ich auf mein Haar. Dich schloss ich in mein Herz. Die, die soll es sein liebe Mutter! Die Mutter erblasste. "Ui neui, isch die echt? Ui des isch a echte! Was echts kofat mir neda!" Die Schwester grinste breit. Ihr gekonnter Schwesternblick machte ihr gewiss, daß ich zu keinerlei Diskussion bereit stand.
"Mims", sagte ich zur Mutter, "das ist meine Rache an Schnuffi." Die Mutter verstummte. Wußte diesem Argument nichts entgegenzusetzen. Die Mutter schloß den Handel mit der Mützenstandinhaberin und unterm Weihnachtsbaum da lagst Du dann und warst fortan mein. Und was war mit Schnuffi?

Schnuffi war ein durchaus rapiad zu nennendes Karnickel. Und er hasste mich. Schnuffi war rothaarig. Bis zu seiner Karnickelpubertät auch wirklich freundlich. Und dann machte er Jagd auf mich. Nur auf mich. Narben können dies beweisen. Meiner Meinung nach war er einfach nur eifersüchtig. Sein Karnickelbruder Alfi war mir nämlich allerliebst zugetan. Und Schnuffi war Alfi in tiefer Bruderliebe innigst ergeben. Die beiden führten ein hervorragendes Karnickelleben. Täglicher freier Auslauf in unserem Garten. Nicht in einem doofen Gehege. Im ganzen Garten!!! Nach Schnuffis Karnickelpubertät war der Garten für mich allerdings tabu. Oder nur noch mit Gummistiefeln betretbar. Schnuffi verbiss sich in meinen Beinen, in meinen Händen beim Karotte geben, an meinen Armen. Einmal sprang er mir sogar ins Gesicht als ich Alfi auf dem Arm hielt. Ich möchte hier ausdrücklich betonen, daß ich Schnuffi nie, NIEMALS auch nur irgendetwas zuleide getan habe. Nicht geschubst oder blöd angeredet. Gar nicht. Er hasste mich einfach. Und liebte meine Mutter. Die mußte immer das verbissene Karnickel von mir lösen. Schnuffi und Alfi starben nach etwa elfjährigem, glücklichem Hasenleben eines natürlichen Todes. Erst Alfi, ihm folgte Schnuffi. Beide wurden in allen Ehren bestattet.
Schnuffis bösartige Attacken konnte ich allerdings nie wirklich verarbeiten. Eine gewisse Scheu vor Karnickeln habe ich heute noch. Aber ich habe überlebt!

Diesen Triumph trage ich heute stolz auf meinem Kopf. Den ersten und einzigen Pelz in meinem Leben. Ich mag Tiere nämlich sehr.

Es ist wie es ist: Rache an Schnuffi!

Aber Liebe ist auch dabei,

Deine JellyBean