Dienstag, 15. Juni 2010

Blaues Wunder


Liebe Langeweile,

ich steh' in Deinem Fadenkreuz. Mir ist schon eine zeitlang fad im Kreuz. Eine schwere Müdigkeit und Last. Meine Glieder sind spannungslos darum und Schlaf ist eine gute Option. Dazu gesellt sich eine Form der Rastlosigkeit. Man möchte meinen in mir haust ein Bienenstock. Kannst Du Dich da irgenwie einordnen? Ich frage mich nach Dir woher Du kommst in dieser ausgeprägten Form. Es mangelt mir nicht an Beschäftigung. Es mangelt mir auch nicht an Interessen. Zudem behaupte ich mich in Gesellschaft recht gut und auch in der Behauptung selbst, behaupte ich, daß es mir nicht langweilig ist. Ich exploriere in mich hinein und suche Deinen Ursprung. Da ist ein trockener Quell auf den ich stoße. Durchaus und immer wieder. Sprudeln tut da nichts. Die Überraschung an sich ist ausgetrocknet. Hat sie sich in den Strom des Grundwassers zurückgezogen? Quillt die Überraschung irgendwo da draußen in der Welt, passiert und keiner kriegt es mit? In der Zeitung war von Überraschung nichts zu finden. Ich schreibe hier nicht von jener Überraschung, die man auf mittelspannenden Festlichkeiten in Form halbnackter Frauen und Männer findet, die behende aus Torten springen. Alle kreischen. Kreischen und mögen fliehen angesichts der dargebotenen Peinlichkeit. Mir fehlt etwas. Aber was? Ich exploriere weiter. Und suche in der Zeitung. Da habe ich heute gelesen, daß der Ball schuld ist. Im Fußballspiel. Der Ball ist schuld das so mancher WM-Hoffungsträger einen schlechten Auftakt spielte. Ist halt der Ball schuld. Beim Lesen fällt mein Kopf hart auf den Schreibtisch vor mir. Du hast mich fest im Griff. An der Supermarktkasse möchte die Dame vor mir nicht begreifen, warum sie ihre Erdbeeren nicht einzeln bezahlen kann. Weil es die Erdbeeren halt derzeit nur in der Schale gibt. Und möchte die Gute drei oder fünf oder sieben einzelne Erdbeeren, dann muß sie zehn Meter weiter in den Obstladen gehen. Das mag die Dame nicht und schuld ist der Kassierer das das mit den Erdbeeren nicht geht und der Supermarkt und die ganze Welt. Das sie zu faul ist auf ihren dürren Alkoholikerbeinen zehn Meter weiter zu latschen und ihre zigarrettenkranke Lunge das eventuell auch nicht her gibt, daß sieht die Gute nicht. Schuld sind die Erdbeeren. Was müssen die sich in der Schale tummeln? In mir flirrt ein Bienenstock und ich möchte weinen vor Langeweile. Ich exploriere weiter und denke der Sache näher zu kommen. Um mich herum sind in der vergangenen Zeit Beziehungen zerbrochen. Einfach so. So einfach? Meine Beobachtung beobachtete, daß der eine Beziehungsteil in sich ging und am Scherbenhaufen fegt. Der andere Beziehungsteil teilte in vollmundigen Worten Schuldsprüche aus. Und ist schon wieder auf der Suche... hat z.T. gar schon gefunden. Mein Herz wird ein schwerer Klumpen und ich müde. So einfach? Ist alles so einfach? Ich möchte an diesem Punkt eine Diagnose stellen. Die Langeweile verstopft der Überraschung Quell. Bist jetzt Du schuld? Du hakst Dich bei mir unter. Ein dramatisches Bild vor meinem inneren Auge. Beide gehen wir angemessenen Schrittes über ein weites Feld. Ich halte ein Schwert in der Hand. Stumpf scheppert es hinter uns beiden her. Trockene Ackerschollen. Wie bin ich nur zu Dir gekommen? Bin ich zu satt? In Reichtum ersoffen? Ich bin ein reicher Mensch möchte ich behaupten. Reich an Familie. Reich an Freunden. Reich an Gesundheit und reich an Arbeit. Was gewährte Dir zugang zu mir? Ist es das Jammern auf hohem Niveau um mich? Die ewigen Zuspiele hin und her an Schuld? Schuld sind immer nur die anderen? Ich glaube ja. Nichts ist für mich vom Himmel gefallen. Meinen Thron habe ich mir selbst gebaut. Herzblut verschenkt. Und wenn ich das kann, kann jeder andere das auch. Ein jeder. Meine Person zeichnet nichts an Besonderem aus. Ich bin eine Predigerin der Selbstexploration. Die Lösung liegt in einem selber. Mir ist das Predigen vergangen aus Gründen. Es fiel durchaus nicht auf fruchtbaren Boden. Oder doch? Mit einem Mal werde ich aufgeregt. Und denke nach. Erinnere mich an zarte Pflänzchen, deren Wachstum durch meine Predigt ermöglicht wurde. Du lächelst mir zu. Du beginnst Abschied zu nehmen. Verschwindest Du? "Ein bißchen bleib ich noch." Mein stumpfes Schwert ramme ich in den trockenen Boden. So. Mir ist langweilig. Kann ich auch graben. Weiter. Ist eh grad nichts besseres zu tun. Nach der Überraschung Quell. Die Überraschung, die mein Schwert benötigt um geschäft zu werden. Damit ich wieder predigen kann. Das jegliches Glück, individuell in einem selbst zu finden ist. So grabe ich. Nach Blau. Wie der Himmel. Wie die See. Einem Wunder entgegen.

Ha ja klar,

Deine JellyBean

Keine Kommentare: